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Reclaiming Agency in the AI Age
Meine kleine Rebellion gegen AI-FOMO

Midjourney
Was LinkedIn mit Spielautomaten gemeinsam hat, warum 'WORKFLOW'-Kommentare süchtig machen und wie du stattdessen echte KI-Skills entwickelst.
Donnerstag 7. August, 21:12 Uhr. OpenAI launcht GPT-5.
Mein Kopf sofort im Panikmodus: „Jetzt sofort testen! Alle Updates konsumieren! Was sagt die KI-Bubble auf LinkedIn?" Meine Finger zucken schon Richtung Handy.
Ich kenne diesen Reflex nur zu gut. Das permanente Gefühl, auf dem neuesten Stand bleiben zu müssen. Als würde mir etwas entgehen, wenn ich nicht sofort dabei bin.
Doch diesmal mache ich etwas anderes. Ich gehe zum Auto. Handy rein. Tür zu. Bis zum nächsten Morgen.
Bei mir ist das wie mit Schokolade. Wenn sie im Haus ist, muss ich sie essen. Wenn das Handy neben mir liegt, muss ich es checken. Im Auto ist die Hürde groß genug.
Meine kleine Rebellion gegen die AI-Informationsflut hatte begonnen.
Der Dopamin-Teufelskreis
Jeden Morgen dasselbe Ritual: „kurz checken“, was in meiner KI-Bubble los ist.
Die Realität sieht anders aus: Scroll-Marathon einmal quer durch Social Media. 30 Minuten später habe ich 120 neue Bookmarks gesammelt, 15x 'WORKFLOW' kommentiert und warte auf PDFs, die ich eh nie lese. Meine Bookmark-Sammlung ist mittlerweile größer als die Nationalbibliothek. FOMO am Anschlag, Imposter-Syndrom gratis dazu.
Und richtig schlechte Laune. Absurd, wenn man bedenkt, dass wir das freiwillig machen.
LinkedIn funktioniert wie ein Spielautomat, nur dass du statt Geld deine Produktivität verlierst. Du bekommst kurze Hochs, aber danach fehlt der Antrieb für alles andere.
Dieser Kreislauf aus Erwartung > Enttäuschung > erneuter Hoffnung ist der klassische Suchtmechanismus. Dein Gehirn lernt: "Beim nächsten Mal wird's besser."
Warum sich also anstrengen, wenn Scrollen doch so einfach ist?
“Future-Steffi” wird das alles irgendwann durcharbeiten. Ganz bestimmt.
Die neue Regel
„Never start your day where an algorithm pushes something on you“, hatte mein Mann Ben mal gesagt. Der Satz hallte in meinem Kopf nach, als ich an jenem Donnerstagabend vor meinem Handy stand.
Never start your day where an algorithm pushes something on you!
Genug schlechte Laune. Zeit für ein Experiment.
Meine neue Regel: Kein LinkedIn, bis ich etwas Eigenes mit KI gebaut habe. Keine fremden Workflows, bevor ich meine eigene Lösung gefunden habe.
Der erste Hack
Tag 1 - Der Swim-Tracker
Am nächsten Morgen startete ich mein erstes Experiment. Seit 635 Tagen schwimme ich jeden Tag im Freiwasser, aber hatte nie ein Tool, um meinen Streak zu tracken.
Ich schnappte mir mein Handy und diktierte Claude, einem KI-gestützten Sprachmodell, beim Spaziergang zum See meine Wünsche. Auf dem Rückweg verfeinerte ich die Features per Sprache. Zuhause angekommen wartete die erste Version meiner App.

Swim Tracker: Vibe-Coding App mit Claude
Weniger als 20 Minuten. Von der Idee zur funktionierenden App.
Das Gefühl war völlig anders als beim Scrollen. Kein kurzer, hohler Kick, sondern tiefe Zufriedenheit. Ich hatte etwas Greifbares geschaffen. Mein Gehirn lernte neu: „Gestalten = lohnend."
Mein Belohnungssystem hatte endlich echten Grund zu feiern
In den folgenden Tagen entstanden weitere Tools: Social Media Generator, Voice-to-Notion Automation, ein Mini-Game zu KI-Agenten, eine MCP Claude Workflow Automation, das Tools wie Google Drive oder Notion direkt mit Claude verknüpft.
Nicht jedes Experiment war perfekt. Aber jedes löste ein echtes Problem in meinem Leben.
Creator oder Consumer?
Konsumieren fühlt sich im Moment produktiv an. Du sammelst Wissen, bookmarkst Links, speicherst „für später". Doch am Ende bleibt nur eine längere Bookmark-Liste und das Gefühl, ständig hinterherzuhinken.
Experimentieren und gestalten dagegen gibt dir etwas Greifbares. Ein Tool, einen Workflow, eine Automatisierung, die dein Leben leichter macht. Und das unbezahlbare Gefühl: „Das habe ich selbst geschaffen."
KI-Kompetenz entsteht nicht durch Scrollen. Sie entsteht durch Arbeiten mit KI. Durch Scheitern, Iterieren, Lösen echter Probleme.
Dein Handy muss nicht ins Auto. Aber deine Prioritäten müssen klar sein:
Willst du Creator sein oder Consumer?
Morgen gibt es wieder neue Tools, neue Trends, neue FOMO-Trigger. Aber heute kannst du mit dem, was schon da ist, echt tolle Sachen bauen.
Die Nacht über lag mein Handy im Auto. Am Morgen stand der Swim-Tracker, bevor ich GPT5 überhaupt geöffnet hatte.
GPT5 läuft nicht weg. Selbstwirksamkeit schon, wenn man sie immer aufschiebt.
Dein erstes Experiment
Das Buch Dopamine Nation gibt es als kostenloses PDF auf Archive.org.
Lade es in NotebookLM und lass dir daraus einen Podcast erzeugen.
Funktioniert auch auf Deutsch bei englischen Büchern.
Und schon hast du dein erstes KI-Experiment gemacht.😉
Falls du dich fragst: LinkedIn und ich haben eine komplizierte Beziehung. Nutze es noch aus beruflichen Gründen. Substack ist mein neues Laster. Immerhin ein schöneres und man muss nirgendwo "WORKFLOW" kommentieren.
Mit experimentierfreudigen Grüßen,
Steffi
PS: Mein Kater nutzt übrigens schon seit Jahren kein LinkedIn. Zufall? Ich glaube nicht.
PPS: Letzte Chance noch bei unserem Oktober AI Retreat dabei zu sein. Alle Infos auf unserer Website.
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